Multi-angle Color & Effect
BYK-mac i
Product InfoOhne Farben wäre unsere Welt ein langweiliger Ort. Die Fähigkeit, Farben zu sehen, ist ein Geschenk welches wir schätzen sollten. Aber warum können wir die Welt in so vielen Farben sehen?
Abbildung 1: Die reifen Orangen sieht man schon von Weitem (Bild: Pixabay)
Das menschliche Farbsehvermögen ist möglich, da das Auge zusätzlich zu den lichtempfindlichen Stäbchenzellen neue spezialisierte Netzhautzellen entwickelte – die sogenannten Zapfen. Die Evolution dieser Zapfen begann, als Primaten ihr Aktivitäten von der Nacht in den Tag verlegten und begannen, nach reifen Früchten und verschiedenen Pflanzen zu suchen. Farbe brachte einen neuen Vorteil für das Überleben.
Ein gesundes menschliches Auge kann viele Farbtöne unterscheiden, von Gelb bis Violett mit all seinen Sättigungs- und Helligkeitsabstufungen. Insgesamt können wir mehr als 10 Millionen Farben wahrnehmen.
Unsere visuelle Akzeptanz bei Farbunterschieden ändert sich drastisch von chromatischen Farben zu achromatischen / pastelligen Farben. Unsere Augen sind viel toleranter bei Farbunterschieden chromatischer Farben als zum Beispiel im Graubereich. Wissenschaftler sahen hier den Bedarf, Farben in zwei Gruppen einzuteilen – chromatisch und achromatisch – um Farbtoleranzen erstellen zu können, die besser zur visuellen Wahrnehmung passen.
Dass wir Farbabweichungen in Farben mit höheren C*-Werten mehr akzeptieren als in Farben mit kleinen C*-Werten wurde schon Anfang des letzten Jahrhunderts von David MacAdam mit visuellen Abmusterungen untersucht und später von der Internationalen Beleuchtungskomission (CIE Commission internationale de l’éclairage) weiterentwickelt. Die sogenannten Toleranzellipsen (siehe Abbildung 2) sind kleiner und kreisförmiger je näher sie dem Unbuntpunkt in der Mitte kommen und werden größer mit wachsendem Chroma in Richtung Außenlinie. Außerdem sind die Toleranzellipsen langgezogener in Richtung Chroma und enger in die Farbortrichung – dies bedeutet, dass man mehr chromatische Abweichung akzeptiert als in Änderungen im Farbort.
Anhand dieser Fakten sollten Toleranzen für achromatische / pastellige Farben mehr kugelförmig im dreidimensionalen Farbraum gesetzt werden. Die Farbwerte L*, a* und b* müssen dabei kontrolliert werden. Chromatische Farben hingegen sollten elliptische Toleranzen basierend auf den Werten L*, C* und h° bekommen.
Aber wann definiert man eine Farbe als chromatisch? Die erste Version der DIN 6175-2 sowie einige OEM empfehlen LCH-Toleranzen für Farben, deren C*-Wert größer als 18 ist. Bei dunklen Farben mit L*-Werten kleiner 27 können LCH-Toleranzen verwendet werden, wenn der C*-Wert größer 10 ist.
Das helle Rosé sowie der dunklere Olive-Farbton sind Grenzfälle zwischen L*a*b* und L*C*h°. Für diese Farben ist es mehr oder weniger das gleiche, ob man Farbunterschiede mit L*a*b* oder mit L*C*h° beschreibt.
Bei einem chromatischen Rot ist es aber natürlicher, Farbdifferenzen mit L*C* und h° zu beschreiben und nicht mit L*a*b*. Die Farbe rechts ist weniger chromatisch, statt zu sagen, das Rot wäre grüner als das Rot auf der linken Seite.
Wenn man Effektfarben betrachtet, wird dieses Thema noch komplexer. Eine Effektfarbe kann hohe C*-Werte nahe dem Glanzwinkel (15°) und niedrige C*-Werte in den Flopwinkeln (75° und 110°) zeigen. In diesen gemischten achromatischen / chromatischen Fällen sollten Farbabweichungen über die spezifischen Winkel beschrieben werden. Im folgenden Beispiel ist die Probe rechts weniger chromatisch nahe dem Glanzwinkel und grüner gelber im Flop.
Hochchromatische Farben in der Automobilindustrie sind trotz größerer Toleranzen ein herausforderndes Thema. Einerseits liegt es auf der Hand, dass diese lebendigen Farben besonders sind, OEM-Designer sind immer auf der Suche nach ihnen. Eine neue hochchromatische Farbe auf der Straße sticht sofort ins Auge. Die Farbe und die Form eines Fahrzeugs sind die ersten Dinge, die wir wahrnehmen. Auch bei der Präsentation eines neuen Automodells wird gerne eine hochchromatische Farbe verwendet. Andererseits sind diese Farben technisch sehr schwer zu handhaben. Die für hochchromatische Farben verwendeten Pigmente sind deutlich teurer und weisen oft eine geringere Wetterbeständigkeit auf. Da außerdem das Deckvermögen der Pigmente nicht ausreicht, wird eine höhere Pigmentmenge benötigt, um die Anforderungen der OEM-Spezifikation zu erfüllen. Wenn jedoch die Pigmentmenge im Lack steigt, steigen die Kosten weiter und die Haftung des Lackes wird schlechter. Eine Herausforderung nach der anderen gilt es zu meistern.
Aber noch nicht genug. Mit neuen Applikationsverfahren wie zum Beispiel dem Auflackieren einer transparenten farbigen Basislackzwischenschicht auf einen normalen Basislack können neue bunte Farben erreicht werden, bekannt ist hier das Mazda Red 46V.
Auch getönte Klarlacke führen zu neuen Buntheiten in Farben. Und wieder werden mit diesen Verfahren neue Herausforderungen geschaffen: Diese neuen Farben sind noch anspruchsvoller in Bezug auf Haftung und Machbarkeit in anderen Technologien oder für Kunststoffteile. Über die Schwierigkeiten beim Spot-Repair sprechen wir besser gar nicht erst.
In der Welt der Farben kommt keine Langeweile auf, es gibt immer wieder neue Herausforderungen, die es zu meistern gilt.
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