Für alle an eine Beschichtung geknüpften Anforderungen gibt es eine optimale Schichtdicke, um einen guten Verlauf und Glanz, eine optimale Farbgebung und Deckkraft wie auch eine gute Schutzwirkung gegenüber Umwelteinflüssen und Korrosion zu gewährleisten. Bei zu hoher Schichtdicke verschlechtern sich mechanisch-technologische Eigenschaften wie zum Beispiel Dornbiegeprüfungen, Steinschlagtest und Kugelschlagprüfungen und auch die Wirtschaftlichkeit des Lackierprozesses nimmt ab. Deswegen werden Schichtdicken vom Lacklieferanten und der Qualitätssicherung ausgearbeitet und vorgegeben. Diese müssen regelmäßig kontrolliert und dokumentiert werden.
Die Schichtdicke ist der Abstand zwischen der Oberfläche der Beschichtung und der Oberfläche des Substrats. Die Schichtdicke ist das Messergebnis, welches nach einem vereinbarten, genormten, genau beschriebenen und sorgfältig angewendeten Messverfahren von einer Lackierung erhalten wird. [1] (Abb. 1)
Abbildung 1 Figure 1:Film thickness sample
Um die Prozessvariablen während der Applikation zu kontrollieren, ist es häufig wünschenswert, die Schichtdicke des nassen Filmes zu bestimmen. Die Bestimmung der Nass-Schichtdicke ist vorteilhaft bei Systemen, deren Trockenschichtdicke nur zerstörend gemessen werden kann. Die Nassschichtdicken Messung ist eine schnelle und einfache Prüfung. Mit Hilfe der technischen Information des Lackherstellers kann die Trockenschichtdicke ungefähr mit folgender Berechnung vorhergesagt werden:
Trockenfilm= Nassfilm in µm x Festkörperanteil
100
Als Grundlage kann man Lacksysteme wie folgt einteilen.
Die gemessene Nassschichtdicke von 80µm entspricht dabei einer Trockenschichtdicke von:
nach Gewicht
Lacksysteme | Bezeichnung | Festkörper | Trockenschichtdicke |
LS | Low Solid | <50% | <40µm |
MS | Medium Solid | <60% | <48µm |
HS | High Solid | <70% | <56µm |
UHS | Ultra High Solid | >70% | >56µm |
Je nach Form und Messbereich der zu prüfenden Oberfläche werden Nass-Schichtmessungen mit verschiedenen Geräten durchgeführt.
Der Messkamm kann an ebenen Flächen und für unterschiedlichste Substrate eingesetzt werden. Bei leichten Krümmungen sollte geprüft werden, dass der Schichtdickenmesser parallel zur Krümmungsachse aufgesetzt werden kann. Vor Benutzung ist sicher zu stellen, dass die Zähne des Messkamms sauber und unbeschädigt sind. Der Messkamm wird senkrecht auf die Messfläche aufgesetzt und wieder senkrecht abgehoben. Der Beschichtung ist genug Zeit zu geben, um die Zähne des Messkammes zu benetzen. Bei dem ersten benetzten Zahn wird die Nassschichtdicke an der Skala abgelesen.
Das Messen muss so zeitnah wie möglich nach der Applikation des Lackes erfolgen, damit nicht bereits zu viele Lösemittel verdunstet sind. [1, 8]
Bei dem Verfahren mit dem Messrad, muss das Rad durch den Beschichtungsstoff benetzt werden. Das scheibenförmige Messinstrument wird auf die nasse und frisch aufgetragene Lackschicht abgerollt. Hierbei bewegen sich zwei Rollen auf dem Anstrichgrund, während die exzentrisch dazu angeordnete Messrippe erst an der Stelle vom Anstrich benetzt wird. Die Drehgeschwindigkeit des Rades sollte gleichmäßig langsam sein, um der Beschichtung Zeit zum Benetzen zu geben. (Abb. 2)
Das Nassfilm-Doppelrad auch Inmont Rad genannt ist ein bewährtes Standardmessgerat in der Lack-, Druckfarben- und weiterverarbeitenden Industrie. Drei Gerätemodelle mit insgesamt 12 Messbereichen stehen für eine Reihe von Beschichtungsstoffen zur Verfügung. Die Genauigkeit beträgt ± 2,5 µm oder 2.5% des Skalenendwertes. [1, 8]
Abbildung 2 Figure 3: Comb Gage
Abbildung 3 Figure 2: Comb Gage skala
Abbildung 4 Figure 4: Gauges with wheels
Die Bestimmung der Trockenschichtdicke kann zerstörungsfrei oder, zum Beispiel bei Mehrschichtsystemen, zerstörend durchgeführt werden.
Um die Schichtdicke auf unterschiedlichsten Untergründen (Metall, Holz, Kunststoff usw.) oder um die Einzelschichtdicke von Mehrschichtsystemen überprüfen zu können, kann eine einfachen Methode mit unterschiedlichen Schneidwerkzeugen angewandt werden. (Abb.6, 7)
Mit speziell gefertigten Schneidwerkzeugen wird ein kleiner Einschnitt in der Beschichtung hergestellt. Dabei wird ein V-förmiger Schnitt durch die Beschichtung bis auf das Substrat erzeugt. Jede der Präzisionsschneiden hat zwei Schrägen mit unterschiedlichen Neigungswinkeln (siehe Tabelle 1). Da die Neigung des Schnittes bekannt ist, ist die horizontale Breite über die gesamte Schräge (vom Substrat bis zur Oberkante der Beschichtung) ein Maß für die Schichtdicke. Um die Breite von a’ (b’), die proportional zur Schichtdicke a (b) ist, exakt zu bestimmen, ist beim Messgerät byko-cut eine LED-Beleuchtung und ein Mikroskop mit 50-facher Vergrößerung integriert. (Abb. 8) [1, 3, 5] Der Winkel wird von der Probenebene bestimmt.
Für Schichtdicken unter 15 µm beträgt die Genauigkeit +/- 1,5 µm.
Beschreibung | Schneiden Winkel | Maximale Schichtdicke | 1Skaleneinheitentspricht Schichtdicke | Genauigkeit in µm |
SD-Schneide 1, 2000 byko-cut | 45° | 2000 µm (80 mils) | 20 µm (1,0 mils) | 40 |
SD-Schneide 2, 1000 byko-cut | 26,5° | 1000 µm (40 mils) | 10 µm (0,5 mils) | 20 |
SD-Schneide 3, 200 byko-cut | 5,8 | 200 µm (8 mils) | 2 µm (0,1 mils) | 4 |
SD-Schneide 100, byko-cut | 3° | 100 µm (4 mils) | 1 µm (0,05 mils) | |
SD-Schneide 3000, byko-cut | 56° | 3000 µm (120 mils) | 30 µm (1,5 mils) |
Die Messuhr kommt meist bei höheren Lackschichtdicken zum Einsatz, zum Beispiel beim schwerem Korrosionsschutz mit Zinkstaubfarbe.
Zum Messen muss die Beschichtung an der Messstelle abgelöst werden (gut geeignet ist ein Ritzstichel 1mm), den Nullpunkt des Gerätes auf der Kalibrierplatte (Glasplatte) einstellen. Dann die Messuhr senkrecht auf die freigelegte Stelle setzen und Ablesen.(Abb. 9) [1]
Abbildung 5 Figure 6: byko-cut blade
Abbildung 6 Figure 7: byko-cut Chip carving (V-Cut)
Abbildung 7 Figure 8: byko-cut
Abbildung 8 Figure 9: Dial gauge
Hierzu werden elektronische Messgeräte eingesetzt, die die Schichtdicke von isolierenden Beschichtungen auf nicht-magnetischen, metallischen Untergründen (NFe) und von nicht-magnetischen Beschichtungen auf Stahl oder Eisen (Fe) messen und digital anzeigen. Dabei kommen zwei verschiedene Messprinzipien zur Anwendung:
• Magnetinduktive Messung auf Fe-Untergründen wie z.B. Stahl und Gusseisen
• Wirbelstrommessung auf NFe-Untergründen wie z.B. Aluminium, Kupfer, Messing, nicht-magnetischer Stahl, Bronze, Magnesium, Zink
Beispiele für isolierende und nicht-magnetische Beschichtungen: Lacke, Kunststoffe, Emaille, Chrom, Kupfer, Zink, Pulverbeschichtungen, galvanische Überzüge, Gummi, Hartverchromung, Spritzmetall, Keramik
Beim Messen ist darauf zu achten, dass mindestens 3 Messpunkte verteilt auf der Probe durchgeführt werden. Auf Holz mindestens 10 Messpunkte. Die Messungen sollten nicht direkt am Rand liegen und genügend Abstand zueinander haben. [1, 2,4, 6, 7]
Abbildung 9 Figure 10: Uniform distribution of measuring points the sample width - not near the edges and plate ends
Damit können nichtmagnetische Beschichtungen wie z.B. Lacke, Kunststoffe, Emaille, Chrom, Kupfer, Zink, Pulverbeschichtungen, galvanische Überzüge, Gummi, Hartverchromung, Spritzmetall, Keramik auf magnetischen Substraten geprüft werden. (Abb. 11)
Diese Methode beruht auf der Verwendung zweier Magnetspulen, deren Magnetfeld durch die Annäherung an einen ferromagnetischen Untergrund verändert wird. Die Magnetfeld-änderung hängt vom Abstand der Sonde zum Untergrund und somit von der Schichtdicke ab. Die zweite Spule nimmt den magnetischen Strom auf. Diese magnetische Koppelung zwischen den beiden Magnetpolen ist ein Maß für die Schichtdicke. Die elektromagnetische Induktion nutzt Wechselmagnetfelder, die durch eine ferromagnetische Spule produziert werden.
Das Magnetfeld kann durch folgende Faktoren beeinflusst werden:
• Geometrie des Substrates (Krümmung, Dicke)
• Materialeigenschaften des Substrates (z.B. Leitfähigkeit, Vorbehandlung)
• Rauheit des Substrates
• Andere Magnetfelder (Restmagnetismus des Substrates, äußere Magnetfelder)
Das induzierte Messsignal fällt umso schwächerer aus, je dicker die Beschichtung ist. Die Beschichtung muss so beschaffen sein, dass die Berührung des Gerätes auf der Oberfläche der Messwert nicht verfälscht wird und keine Dellen/Aufsatzmarkierungen hinterlässt. [1, 2,4, 6, 7]
Abbildung 10 Figure 11: byko-test 9500
Diese Methode kommt bei der Messung von nicht-leitenden Schichten (NFe) auf nicht-ferromagnetischem Grundmetall (NFe), wie z.B. Aluminium zum Einsatz. (Abb. 12, 13)
Die Wirbelstrom-Methode beruht auf den Prinzipien der elektromagnetischen Induktion. Durch einen hochfrequenten Wechselstrom wird in einer Spule aus feinem Draht ein Magnetfeld aufgebaut, das seine Richtung entsprechend dem angelegten Wechselstrom ändert. Wird die Sonde in die Nähe eines leitenden Trägers gebracht, entstehen in diesem Wirbelströme, die auf das Magnetfeld der Spule zurückwirken. Die Größe der Rückwirkung ist abhängig von der Beschaffenheit des Trägers und dem Abstand – und somit der Schichtdicke – zwischen Sonde und Untergrund. [1, 2, 4, 6, 7, 9]
Abbildung 11 Figure 12: byko-test
Abbildung 12 Figure 13: Eddy current method
Das zu prüfende Muster muss frei von Schmutz und auf Raumtemperatur abgekühlt sein. Änderungen in der Umgebung wie z. B. Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Höhe und Intensität umgebender elektromagnetischer Felder können zu Messfehlern führen. Das Messgerät muss außerdem regelmäßig nach den Herstellerangaben kalibriert werden.
Auf rauen Oberflächen kann das Ergebnis der Lackschichtdickenmessung verfälscht werden, je nachdem, ob die Sonde auf einer Spitze oder im Tal des Rauheitsprofils aufgesetzt wird. (Abb. 14) Generell ist die Schichtdickenmessung bei rauen Oberflächen nur sinnvoll, wenn die Schichtdicke mindestens doppelt so hoch ist wie die Rauheitsspitzen. Es empfiehlt sich, eine mehrfache Messung durchzuführen (mindestens 3), um einen sicheren Mittelwert bilden zu können.
Oft treten Messfehler aufgrund der Form des Prüfteils auf. Bei gekrümmten Oberflächen verändert sich der Anteil des Magnetfeldes, der durch die Luft geht. (Abb. 15) Wenn ein Messgerät z.B. auf einem flachen Blech kalibriert wurde, würde eine Messung auf einer konkaven Oberfläche zu erniedrigten – auf einer konvexen zu erhöhtem Ergebnis führen. Die Fehler können sich summieren und verfälschte Ergebnisse der tatsächlichen Schichtdicke angeben.
Abbildung 13 Figure 18: Measuring on rough surfaces
Abbildung 14 Figure 19: Measuring on curved surfaces
Bei allen Messverfahren wird die Substratoberfläche von einem Teil des Messgerätes berührt. Das eingesetzte Prüfverfahren muss für die Beschichtungsoberfläche, nass, trocken, verletzend oder nicht verletzend und das Substrat, hart, weich, metallisch oder nicht metallisch geeignet sein.
Im Allgemeinen ist die Übereinstimmung zwischen den Messkämmen und der Messräder gut, weil sie unempfindlich gegenüber kleineren Filmunterschieden in der Lackschichtdicke sind, das heißt die Schrittintervalle des Messkamms und Messrads sind relativ groß. Die Genauigkeit und Präzision beim Nassschichtdicken Messverfahren, ist abhängig von der Methode der Lackapplikation und der Zeit, wann die Messung durchgeführt wird. Einige Lacksysteme verlieren schnell bei der Spritzapplikation an flüchtigen Lösemitteln, was das Messergebnis verfälschen kann.
Bei manchen Farbtönen ist es hilfreich, mit einem schwarzen oder weißen Marker eine Kontrastmarkierung anzubringen. Durch welche bis zum Untergrund geritzt wird, um anschließend mit dem Microskop leichter den Wert ablesen zu können.
Verfahren (zerstörend) | Substrat | Auswertung via | Präzision/ Genauigkeit |
G Uhr/ Messuhr | Alle aber hart und nicht verformbar | Skala | +/- 10 % bei Schichtdicken <20 µm Minimum 5 Messungen an der gleichen Stelle bei maximal 2 µm Unterschied. |
Keilschnitt byko-cut | Alle aber plan und mindestens doppelt so groß wie der Keilschnitt | Messmikroskop mit Beleuchtung und Skala | Das byko-cut misst mit einer Genauigkeit von +/- 1,5 µm bei 15 µm Schichtdicke. Minimum 3 verschiedene Keilschnitte und pro Keilschnitt 2 Messungen. |
Die Genauigkeit und Präzession ist in erster Linie vom Gerätetyp abhängig und wird durch die Art der Kalibrierung, Substratdicke und Legierung beeinflusst. Angaben zur Wiederholgrenze und Präzision werden vom Hersteller angegeben.
[1] DIN EN ISO 2808 Bestimmung der Schichtdicke
[2] DIN EN ISO 2178 Nichtmagnetische Überzüge auf magnetischen Grundmetallen – Messen der Schichtdicke – Magnetverfahren
[3] DIN 50986 Bestimmung der Trockenschichtdicke mit dem Keilschnittverfahren (Ritz- und Bohrmethode)
[4] DIN EN ISO 2360 Nichtleitende Überzüge auf nichtmagnetischen metallischen Grundwerkstoffen – Messen der Schichtdicke – Wirbelstromverfahren
[5] ASTM D4138 Standard Practices for Measurement of Dry Film Thickness of Protective Coating Systems by Destructive, Cross-Sectioning Means
[6] ASTM B499-09 Standard Test Method for Measurement of Coating Thicknesses by the Magnetic Method: Nonmagnetic Coatings on Magnetic Basis Metals
[7] BS 3900-C5 Methods of test for paints. Index of test methods
[8] ASTM D4414 Standard Practice for Measurement of Wet Film Thickness by Notch Gages
[9] DIN 5411-3 Zerstörungsfreie Prüfung - Strahlenschutzregeln für die technische Anwendung