Ihre Region und Sprache wurde automatisch ausgewählt. Sie können diese jederzeit im Menü der Seite ändern.
Amerika | Deutsch

2D/3D Oberflächenstruktur Messung

Unsere visuelle Wahrnehmung wird durch Farbe, Glanz und Oberflächenstruktur beeinflusst. Unsere Bewertung bezieht dabei alle drei Parameter in unser Gesamturteil ein. Bislang konnten Narbung oder Oberflächenstruktur nur visuell oder mit wissenschaftlichen Mikroskopen beurteilt werden. Dies hat sich mit dem neuen spectro2profiler geändert, einer bahnbrechenden Technologie, die Farbe, Glanz, 2D-Reflexion und 3D-Topografie in einem robusten, tragbaren Gerät mit kurzer Messzeit vereint.


1. Farbmessung wie wir sie sehen

Der spectro2profiler verwendet eine zirkulare Beleuchtung unter 45° aus 6 Richtungen mit 0° Beobachtung. Die bewährte, innovative BYK-LED-Technologie garantiert eine hervorragende Leistung: Kurzzeit-, Langzeit- und Temperaturstabilität werden mit höchstmöglicher Genauigkeit kontrolliert. Die extra große Messöffnung mit homogener Ausleuchtung gewährleistet höchst wiederholbare und repräsentative Messungen. Die damit erreichte hohe Genauigkeit und Geräte-Übereinstimmung ermöglicht die Verwendung digitaler Standards - der Schlüssel für ein globales Farbmanagement.

Set-Up_45°c0_1180x580_RGB.jpg

Abbildung 1 Messaufbau für 45°c:0 Farbmessung

2. Konventionelle Messung von Reflektion und 60° Glanz

Aus historischen Gründen ist im spectro2profiler ein 60°-Glanzmessgerät eingebaut. Reflektion und Glanz entstehen durch die Wechselwirkung von Licht mit den physikalischen Eigenschaften der Probenoberfläche. Die Intensität ist abhängig vom Material und Beleuchtungswinkel. Die Messergebnisse eines herkömmlichen Glanzmessgeräts beziehen sich auf das von einem Schwarzglasstandard mit einem definierten Brechungsindex reflektierten Lichts. Die Messgeräte von heute sind sehr präzise und in der Industrie weit verbreitet, bergen aber einige Schwachpunkte bei der Vermessung von strukturierten Oberflächen. Schattenwurf als auch für den Messdetektor unsichtbare Stellen können das Messergebnis verfälschen.

Cast_Shadows_1180x580_RGB.jpg

Abbildung 2 Schattenwurf bei traditioneller Glanzmessung

3. Ortsaufgelöste 2D-Reflektionsmessung

Außerdem hängt die Wahrnehmung des Glanzes nicht nur vom Spiegelglanz ab, sondern auch vom wahrgenommenen Kontrast zwischen spiegelnden Glanzpunkten und diffus reflektierenden Oberflächenbereichen. (1) Ein herkömmliches Glanzmessgerät ist nicht in der Lage, komplexere Reflexionsverhalten zu erfassen, wie z. B. räumlich verteilte Reflexionen - hoch reflektierende Hügel neben niedrig reflektierenden Tälern - die in lederartigen Strukturen auftreten. 
Um diese Limitierung zu vermeiden, bietet der spectro2profiler eine neue kamerabasierte Technologie zur Erfassung der räumlichen Reflektionsverteilung. Eine koaxiale Lichteinkopplung (Inline-Beleuchtung) verhindert Wurfschatten, unsichtbare Bereiche und perspektivische Verzerrungen, so dass die Messung unabhängig von der Orientierung ist. Die Kamera nimmt 2D-Reflektionsbilder auf. Abbildung 3 und 4 zeigen das Messprinzip des spectro2profiler und ein grauskaliertes Reflektionsbild, in der jeder Pixel einen Reflektionswert darstellt, der eine detailliertere Analyse der Reflektionsverteilungen einer Oberfläche ermöglicht.

Spatial_Resolved_Reflectivity_Measurement_585x585_RGB.jpg

Abbildung 3 Messaufbau für ortsaufgelöste Reflektionsmessung

Reflectivity_Map_585x585_RGB.jpg

Abbildung 4 Reflektionsabbildung einer Pulverlackoberfläche

4. 3D Strukturmessung mit photometrischer Stereotechnik

Bisher war die visuelle Beurteilung die einzige Möglichkeit, eine vollständige Bewertung texturierter Oberfläche vorzunehmen. Im Labor für Forschungszwecke werden daher 3D-Mikroskope verwendet, um detaillierte Informationen über die Oberflächenstruktur zu erhalten. Allerdings sind sie nicht für schnelle und einfache Analysen in der Produktion geeignet.
Der spectro2profiler verwendet photometrische Stereotechnik, um die Oberflächennormalen zu bestimmen und eine 3D-Topographie der Oberfläche zu berechnen. Die Technik wurde ursprünglich 1980 (1) von Woodham eingeführt.  Die Oberflächennormalen werden berechnet, indem ein Objekt aus verschiedenen Beleuchtungsrichtungen aufgenommen wird. In jeder Richtung wirft das Objekt unterschiedliche Schatten auf die Oberfläche, und eine Kamera erfasst Bilder für jede Beleuchtung (Abbildung 5). Anhand des Schattenwurfs wird die Oberflächenkrümmung geschätzt, und das Höhenprofil des Objekts kann berechnet werden. Das Ergebnis ist eine echte 3D-Topographie der gemessenen Objektoberfläche (Abbildung 6). Die Maßeinheit P-µm entspricht der wahrgenommenen Höhe.

Image_Acquisition_585_RGB.jpg

Abbildung 5 Bildaufnahme von verschiedenen Beleuchtungsrichtungen zur Berechnung der Oberflächentopographie (2)

Height_Map_585_RGB.jpg

Abbildung 6 Höhenprofil einer Pulverlackierung, gemessen mit spectro2profiler. Maßeinheit P-µm entspricht der wahrgenommenen Höhe

5. Zellsegmentierung mit Wasserscheiden-Verfahren

Oberflächenstrukturen wie Ledernarbungen oder grobe Pulverlackte können durch ihre Strukturzellen charakterisiert werden. Um die Topographie in Zellen zu unterteilen, wird der Wasserscheidentransformation (WST)-Algorithmus verwendet, ein bereichsbasierter Segmentierungsansatz. Man kann sich vorstellen, dass der Algorithmus nach und nach die Täler flutet und Flüsse bildet, bis die Hügelflächen eingeschlossen sind. (3) Diese Flächen werden als Zellen definiert, markiert in Abbildung 7 als grüne Linien.
Typische Oberflächenmerkmale können mit Hilfe der WST berechnet werden, um verschiedene Strukturen zu vergleichen. Räumliche Längenskalen ergeben sich aus der Kamerakalibrierung und sind auf SI-Einheiten rückführbar. Die berechnete durchschnittliche Zellgröße korreliert mit unserem visuellen Eindruck von Grobkörnigkeit. Die Verteilung der einzelnen Zellgrößen ist ein Hinweis auf die Einheitlichkeit der Oberflächenstruktur. Beispielsweise variiert die Homogenität einer natürlichen Lederstruktur je nach Hautpartie der Kuh. Ein strukturierter Lack kann während des Nasslackauftrags Agglomerationen bilden, wenn die Applikationsparameter variieren, was die Oberfläche inhomogen aussehen lässt. Die normierte Zellgrößenabweichung wird berechnet, indem die Zellgrößenverteilung durch die mittlere Zellgröße dividiert wird. Sie ist ein objektives Maß, um die Einheitlichkeit von verschiedenen Strukturen unabhängig von ihrer absoluten Zellgröße zu vergleichen. 
 

3D_Topography_Data_Set_585x585_RGB.jpg

Abbildung 7 3D Topographiedaten einer Ledernarbung

Watershed_Segmentation_585x585_RGB.jpg

Abbildung 8 Wasserscheidensegmentation der Topographiedaten

6. Kombination von 3D Topographie mit 2D Reflektionsdaten

Um das Gesamterscheinungsbild eines Objekts zu beurteilen, ist es notwendig, Oberflächenstruktur und Reflektion parallel zu messen, da sie sich gegenseitig beeinflussen, aber für eine visuelle Gesamtbeurteilung zusammengefasst werden müssen. (4)  Da unsere Augen nur in der Lage sind, 2D-Informationen zu erfassen, rekonstruiert das menschliche Sehsystem 3D-Informationen von Objekten in unserem Gehirn unter Verwendung von Schattierungen und Reflektionen. (5)  Das heißt, die wahrgenommene Tiefe einer Struktur ist abhängig von der Reflektion auf den Hügeln und in den Tälern. Da der spectro2profiler für die Erfassung von 3D-Topographie- und 2D-Reflektionsdaten dasselbe Kamera- und Linsensystem verwendet, ist es möglich, die Daten beider Messprinzipien zu kombinieren (Abbildung 8 und 9). Auf diese Weise kann die Reflektion an Hügeln und Tälern voneinander getrennt werden. Der Unterschied zwischen der Reflektion von Hügeln und von Tälern, beschreibt den Kontrast und die wahrgenommene Tiefe einer strukturierten Oberfläche.

Topography_Data_585x585_RGB.jpg

Abbildung 9 3D Topographiedaten: Höhe ist grau skaliert

Reflectivity_Data_585x585_RGB.jpg

Abbildung 10 2D Reflektionsdaten: Intensität der Reflektion ist grauskaliert

7. Ein Praxisbeispiel aus der Automobilindustrie

Viele Komponenten der Fahrzeuginnenausstattung haben ein lederähnliches Aussehen und Werden von verschiedenen Lieferanten mit unterschiedlichen Verfahren und Materialien hergestellt. Das Aussehen der Produktoberfläche wird in den verschiedenen Entwicklungsphasen analysiert, z.B. ganz am Anfang von der Designabteilung in der Narbentwicklung zur Lieferantenzulassung und ganz am Ende von der Qualitätskontrolle in der Produktion. Ledernarbstrukturen können unterschiedlich kontrastreich erscheinen, obwohl Farbe und 60° Glanz gleich sind (Abbildung 10). Dies kann durch unterschiedliche Oberflächenreflektionen der Hügel und der Täler verursacht werden. Bislang wurde nur eine visuelle Bewertung durchgeführt, was subjektiv und nicht wiederholbar ist. Die Ergebnisse in der Tabelle zeigen, wie der Reflektionskontrast Rc die Proben trotz gleicher Farbe und 60° Glanz voneinander unterscheidet. Außerdem zeigen die Ergebnisse der Reflektion von Hügeln und Tälern die Ursachen der unterschiedlichen Reflektionskontraste.

PrüfzoneProbe 1Probe 2Probe 3Probe  4
Mean Reflectivity R (a.u.)162156156155
Reflectivity Hills Rh (a.u.)209188195190
Reflectivity Valleys Rv (a.u.)115122115117
Reflectivity Contrast Rc0.290.210.260.24
60° Glanz (GE)1.31.31.21.3

Der neue Messparameter Reflektionskontrast ist ein ideales Maß für die Produktionskontrolle von Spritzguss- oder Slush-Formteilen.

 

4_grey_Skins_585_RGB.jpg

Abbildung 11 Vier Slush-Formhäute aus gleichem Material mit unterschiedlichen Kontrast

8. Grobe Lackstrukturen – Pulverbeschichtete Proben

In diesem Beispiel werden pulverbeschichtete Proben der gleichen Farbe mit feiner bis grober Struktur bewertet. Optisch unterscheiden sie sich durch unterschiedliche Zellgrößen (Abbildung 11). Der Unterschied wird in diesem Fall durch Variation der Schichtdicke verursacht, aber auch Additive oder Temperaturänderungen können sich auf die Oberflächenstruktur auswirken. In der smart-chart Datentabelle (Abbildung 12) ist deutlich zu erkennen, dass die vier Proben die gleichen Farb- und 60°-Glanzwerte aufweisen. Eine Unterscheidung kann eindeutig anhand der mittleren Zellgröße vorgenommen werden.

4_blue_Panels_585_RGB.jpg

Abbildung 12 Vier pulverbeschichtete Bleche mit unterschiedlicher Struktur

Measurement_Results_smart-chart_01_1180_RGB.jpg

Abbildung 13 Messergebnisse in smart-chart

9. Erodierte Kunststoffteile oder fein strukturierte Lacke

Erodierte Kunststoffteile oder fein strukturierte Lacke, wie in Abbildung 13 dargestellt, weisen Strukturen auf, die zu klein sind, um in sichtbare Zellen unterteilt werden zu können. Daher ist ein anderer Ansatz zur Auswertung der Topographiedaten erforderlich.
Lokale Maxima und Minima werden ermittelt, und die Micro Peak Distance µPd (µm) wird als Abstand zwischen benachbarter Spitzen in der Topographie berechnet (Abbildung 14). Sie korreliert mit der visuell wahrgenommenen Rauheit dieser feinen Strukturen. Je höher der Wert, desto rauer erscheint die Struktur. Der Effekt der Rauheit wird häufig durch die Amplitude der Strukturspitzen verstärkt, die durch die Micro Local Amplitude µA (P-µm) gemessen wird.
Die Ergebnisse in der smart-chart Datentabelle (Abbildung 15) zeigen, dass die Micro Peak Distance und die mittlere Micro Local Amplitude umso größer sind, je rauer die Probe erscheint.
Neben der Rauheit wird die visuelle Wahrnehmung auch durch das Reflektionsvermögen der Oberfläche beeinflusst. Dieses "glänzende Erscheinungsbild" wird hauptsächlich durch den Kontrast zwischen funkelnden und nicht funkelnden Stellen bestimmt. Der spectro2profiler erfasst diesen Effekt mit der Maßzahl Micro Reflectivity Contrast µRc unter Verwendung der räumlichen 2D-Reflektionsinformation aus dem Kamerabild. 
 

3_grey_finePaint_Panels_585_RGB.jpg

Abbildung 14 Drei Bleche mit feinem Strukturlack

Micro_Peak_Distance_585_RGB.jpg

Abbildung 15 Berechnung der Micro Peak Distance µPd (µm)

Measurement_Results_smart-chart_02_1180_RGB.jpg

Abbildung 16 Messergebnisse in smart-chart

10. Zusammenfassung

spectro2profiler (Abbildung 16) ist ein absolutes Novum und stellt einen Wendepunkt in der Analyse von strukturierten Oberflächen dar. Die Kombination von Farbe, Glanz, 3D-Topographie und 2D-Reflektionsvermögen in einem einfach zu bedienenden Messgerät ist ein Meilenstein in der objektiven Messkontrolle von texturierten Oberflächen. Aktuell verfügt der spectro2profiler über vier Algorithmen zur Analyse von Oberflächenstrukturen: lederähnliche Strukturen, invers lederähnliche Strukturen, grobe Lackstrukturen und feine Lack- oder Kunststofftexturen. Aufgrund hervorragender technischer Eigenschaften bezüglich Wiederholbarkeit und Geräteübereinstimmung können digitale Standards als Referenz verwendet werden zur reibungslosen Kommunikation innerhalb einer globalen Lieferkette. Unsere visuelle Wahrnehmung von Farbe-, Glanz und Struktur kann von nun an ganzheitlich und objektiv beurteilt werden, ein harmonisches Aussehen beim Zusammenbau von unterschiedlichen Bauteilen kann optimiert werden und all dies ist sowohl im Labor als auch an der Produktionslinie möglich mit dem portablen spectro2profiler.

Literatur und Normen

(1) Woodham, R.J. 1980. Photometric method for determining surface orientation from multiple images. Optical Engineerings 19, I, 139-144
(2) by Meekohi - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=44925507
(3) Serge Beucher and Christian Lantuéj workshop on image processing, real-time edge and motion detection (1979).  http://cmm.ensmp.fr/~beucher/publi/watershed.pdf
(4) Qi, L., Chantler, M. J., Siebert, J. P., & Dong, J. (2012). How mesoscale and microscale roughness affect perceived gloss. Edinburgh, Scotland: Lulu Press, Inc.
(5) A. Nischwitz et al., Computergrafik und Bildverarbeitung, Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011